PÄDAGOGISCHES KONZEPT

Die Entwicklungsaufgaben eines jeden Kindes bestehen darin, sich nach und nach selbst kennenzulernen und mit den eigenen Gefühlen und Impulsen umzugehen. Indem sie sich in die Gedanken und Gefühle anderer hineinversetzen, entwickeln Kinder soziale Kompetenzen. Um bei Widerständen nicht gleich aufzugeben, benötigen sie eine innere
Stärke (Resilienz). Und schließlich entwickeln sie eine Fähigkeit, die für das menschliche Gehirn spezifisch ist: Kreativität; die Eigenschaft, Neues hervorzubringen. Diese genannten Kompetenzen können als das Fundament einer starken, selbständigen Persönlichkeit bezeichnet werden, die einen aktiven Zugang zur Entdeckung und Mitgestaltung der Welt erst ermöglichen. Alle haben jedoch eines gemeinsam:
„Sie können dem Kind nicht von Erwachsenen in didaktischer Absicht vermittelt werden. Man kann ein Kind nicht darüber belehren, wie es innerlich stark wird. Auch Mitgefühl kann man einem Kind nicht beibringen“ (Renz-Polster, 2014 S. 213).

Entwicklung basiert in diesem Sinne also nicht auf angeleitetem Lernen, sondern auf eigener Erfahrung und folgt dem eigenen Antrieb des Kindes. Der Mut des Kindes, die Entdeckerfreude kann jedoch nur in emotional sicheren Beziehungen aktiviert werden. D.h. für die Entwicklung des Kindes sind verlässliche und feinfühlige Beziehungen der existentielle Rahmen.
Außerdem stellt eine anregungsreiche Umgebung den Raum dar, innerhalb dessen das Kind wachsen kann. Es erhält die Möglichkeit, sich innerhalb der Gruppe, an den anderen Kindern und Erwachsenen zu orientieren. Anregungen stellen stets ein Angebot dar, woraus das Kind aktiv auswählt. Dabei kommt es durch ausprobieren, zuschauen, mitmachen, fragen, fühlen, denken in Berührung mit der Welt, an der es mehr und mehr Teilhabe erwirbt.

Konzept unseres Kindergartens vereint Pädagogik, Naturerfahrung und Gemeinschaftserleben als den optimalen Rahmen, innerhalb dessen jedes Kind den Raum für den eigenen Entwicklungsweg vorfindet.
Der Wald bietet den Kindern Freiraum zum Spielen, Bewegen und Gestalten in unstrukturierter Umgebung, eingebettet in Naturgesetze und den Jahresrhythmus. Diese elementaren Voraussetzungen für die kindlichen Bedürfnisse stehen in der Natur permanent und unbegrenzt zur Verfügung. Die Abwesenheit von Fragen der Raumbelegung, spezifischem Aufbau von Bewegungselementen, oder Differenzierungsschwierigkeiten, führt dazu, dass die Kinder im Wald ihre spontanen Bedürfnisse und aktuellen Entwicklungsthemen nicht aufschieben müssen und auch seltener in ihren Unternehmungen unterbrochen werden. Dies kann als ursächlich dafür gesehen werden, dass wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass Kinder aus Wald- und Naturkindergärten im Schulalter über eine signifikant höhere Ausdauerleistung, größeres Durchhaltevermögen sowie bessere Konzentrationsleistungen verfügen, als die Vergleichsgruppen (vgl. Häfner, 2002).
Darüber hinaus fördert der Wald das Wohlbefinden sowie die physische wie psychische Gesundheit des Kindes. Hieraus leiten wir ab, dass es ein grundlegendes kindliches Bedürfnis darstellt, Naturerfahrungen machen zu können (vgl. Louv, 2013; Renz-Polster, Hüther 2013).

„Nur was ich kenne, kann ich lieben. Nur was ich liebe, werde ich schützen.“ (Konrad Lorenz)
Durch den ständigen Aufenthalt in der Natur erleben und erfahren die Kinder die wechselseitige Abhängigkeit von ihr. Sie erfahren sich als Teil vom Ganzen.

„Im direkten Kontakt zur Natur üben Kinder Umsichtigkeit und Rücksicht mit ihr, es werden Gefühle von Vertrautheit in Bezug auf Pflanzen, Tiere, Erde und Wasser entwickelt, um sich letztendlich in der Natur ‚zu Hause‘ zu fühlen“ (Hepp-Hoppentaler, 2006).

Anhand positiver Naturerlebnisse regen wir die Kinder an, ein Gefühl der Verbundenheit zur Natur zu entwickeln. Diesen Aufbau von Verbundenheitsgefühl in der Kindheit verstehen wir als Basis dafür, dass
im Erwachsenenalter ökologische Verantwortung übernommen werden kann; z.B. dadurch, dass es zu einem persönlichen Bedürfnis wird, die Natur tatsächlich zu respektieren und zu schützen.Im Alltag bedeutet dies Pflanzen und Tieren achtsam zu begegnen oder den Müll (anderer Menschen) aufzusammeln ob im Alltag oder an speziellen Aktionstagen.
Da die Natur die Lebensgrundlage nachfolgender Generationen ist, wird dem Nachhaltigkeitsgedanken in unserem Kindergarten ein wesentlicher Stellenwert eingeräumt. Eltern und ErzieherInnen bemühen sich gleichermaßen, die Kinder für den Erhalt des ökologischen Gleichgewichts zu sensibilisieren. 

“Den Bedürfnissen der heutigen Generation zu entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“ (Brundtland Bericht, 1987)

Diese Definition von Nachhaltigkeit bedeutet für die Umsetzung im Alltag, dass die Kinder dazu angeregt werden, mit Ressourcen schonend umzugehen. Fachkräfte sollen diesbezüglich als Vorbilder erlebbar sein.

2. KERNPUNKTE UNSERER PÄDAGOGIK

Der Wald fördert das Kind in seiner gesamten Entwicklung. Die Unstrukturiertheit der Natur stellt für die Kinder eine stetige Herausforderung dar. Das Kind muss förmlich selbst aktiv werden: Wege müssen zurückgelegt, Hindernisse überwunden, die eigenen Kräfte und Kompetenzen eingeschätzt und angepasst, alle Sinne eingesetzt werden. Das bedeutet, wenn ich nicht permanent stolpern will, muss ich meine
Wahrnehmung verfeinern und die Koordination steigern.
Der Wald dient als Ressource, die auf natürliche Weise die Eigenaktivität des Kindes körperlich sowie kognitiv herausfordert. Gleichzeitig bietet er aber differenzierte Angebote für jedes Entwicklungsstadium. Dies führt
dazu, dass sich die Kinder häufig in ihrer persönlichen Lernzone bewegen. Durch das unstrukturierte Material besteht im Wald die Notwendigkeit, das eigene Tun frei von jeder Vorgabe für dessen Verwendung oder Bedeutung permanent neu zu erfinden und zu definieren. Wie oben beschrieben, kann Kreativität und Fantasie nicht vermittelt, sehr wohl aber auf diese
Weise angeregt werden. So kann zum Beispiel der Baumstumpf sowohl eine Herdplatte als auch eine Trommel sein.
Der Wald erfordert sehr viel weniger pädagogische Arrangements, da die basalen Entwicklungsfelder der frühen Kindheit (Sinne, Wahrnehmung, Bewegung, Sprache) unmittelbar angesprochen werden. Gleichzeitig sind die didaktischen Prinzipien, wie ganzheitliches Erleben, Anschauung mittels Herz-Hand-Verstand von Natur aus gegeben. D.h. die Kinder lernen durch eigene unmittelbare Erfahrungen, erhalten Wissen aus erster Hand. Sie erleben die Jahreszeiten nicht als Fensterdekoration und aus dem Bilderbuch, sondern in ihrer realen Zeitdimension und dem zugehörigen Körpergefühl mit allen Sinnen.
Es gibt Tage, an denen die Kinder beobachten können, wie das eben in eine Schale gefüllte Wasser gefriert und wenn die Sonne scheint, schließlich im Verlauf eines Vormittages auch wieder zu schmelzen beginnt.
Auf diese Weise erhalten sie in der Natur Zugang zu naturwissenschaftlichen Phänomenen, jenseits künstlicher Versuchsanordnungen und vor allem im Zusammenhang mit dem eigenen Tun. Zusammenfassend verstehen wir den Wald als den Raum, der die eigene Wirksamkeit des Kindes sowohl zulässt, als auch permanent fordert.
Denn so wie er uns alle – Kinder und Erwachsene wohlfühlen lässt, so fordert er uns auch immer wieder in unserer Selbstwirksamkeit. Situationen in denen wir uns unwohl fühlen müssen wir durch Eigenaktivität verändern. Zum Beispiel lernen wir, dass Kälte durch Bewegung beim Rennen oder Fangen spielend überwunden werden kann.

Kinder sehen wir grundsätzlich als eigenständige Persönlichkeiten mit individuellen Interessen, Eigenarten und Potenzialen. Jedes Kind kommt mit Neugier und Gestaltungslust – als dem stärksten Motor für seine Entwicklung – zur Welt. Unser weiteres Verständnis von kindlicher Entwicklung ist stark durch Gerald Hüthers Ansicht geprägt.

„Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge. Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann. Es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann. Und es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt“ (Hüther, 2007)

Entwicklung verstehen wir in diesem Sinne also als Eigenaktivität des Kindes, d.h. wir gehen von selbst initiierten Lernprozessen aus. Den Rahmen dafür bilden die verlässlichen Beziehungen, die den Kindern von
liebevollen Erwachsenen angeboten werden. Außerdem stellt die Erfüllung elementarer Bedürfnisse, eine anregungsreiche Umgebung und eine angenehme Gemeinschaft die Grundlage für eine positive Entwicklung dar.

Das zentrale Ziel unserer Pädagogik ist die Erfahrung der Selbstwirksamkeit. Nach aktuellem Stand der Forschung, der sich mit unseren eigenen Beobachtungen deckt, stehen Selbstwirksamkeits-erfahrungen in
starker Abhängigkeit zur Ausbildung von Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit).
Selbstwirksamkeit bedeutet für uns, dass das Kind grundlegende Erfahrungen macht, die ihm das Gefühl vermitteln, selbst in seinem Leben etwas bewegen zu können. In diesem Prozess stehen die ErzieherInnen begleitend zur Verfügung und geben dort ermutigende Hilfestellung, wo das Kind sie benötigt. Daher steht vor allem die Wahrnehmung der Entwicklungsbedürfnisse des Kindes im Fokus der erzieherischen Tätigkeit, was ebenfalls durch die oben beschriebenen selbst initiierten Lernprozesse erforderlich wird.
Unser Bildungsbegriff ist eng damit verknüpft, dass es im zukünftigen Leben der Kinder darum geht, Gestalter ihres Lebens und der Welt zu werden. Dies können Kinder nur werden, wenn sie angeregt werden,
ihre Potenziale zu entfalten. Die moderne Hirnforschung zeigt, dass dies nur gelingen kann, wenn Kinder vor Aufgaben stehen, die sie wirklich bearbeiten wollen; wenn es also gelingt, sie für Fragestellungen zu
begeistern, die sie sich selbst erarbeiten. Denn alles was selbst erlernt wird, kann nachhaltig im Gehirn gespeichert werden, weil es zu einer eigenen Erfahrung geworden ist (vgl. Hüther, 2010).
Lernen verstehen wir demnach nicht als „Aneignung von Wissen“.
Wissen kann nur generiert werden, wenn es mit Gefühlen verbunden, also bedeutsam ist. Das heißt, dass die Kinder in unserem Kindergarten vorrangig Erfahrungen machen. Durch Wahrnehmung und Bewegung im Spiel und dem eigenen Tun wird schließlich das Denken angeregt. Kognition ist somit das Ergebnis von Erfahrung (Erfahrungslernen).
Hieraus leiten wir ein situationsorientiertes Handeln ab. Dies wird deutlich in einer Tagesstruktur, die Freiräume ermöglicht, zurückhaltend mit Angeboten umgeht und somit eine hohe Flexibilität beinhaltet. So können
Fragen und Themen der Kinder aufgegriffen werden; es ist z.B. möglich, spontan auf dem Waldweg zu verweilen oder ihn zu verlassen, wenn sich ein bestimmter Anlass bietet.
Außerdem findet auf diese Weise eine natürliche Form der Differenzierung statt; entwickelt ein Kind Interesse an Zahlen, Schwungübungen oder Fragen an die Welt, so wird dies von den ErzieherInnen aufgegriffen,
andere Kinder begeistern sich evtl. auch gerade jetzt dafür, andere gehen ihrem eigenen Interesse nach.Auf diese Weise werden Bildungsinhalte aufgegriffen, jedoch hat jedes Kind die Chance, seinen eigenen Bildungsweg im eigenen Tempo zu gehen.
Viele Bildungsinhalte eröffnen sich den Kindern in der Natur aufgrund eigener Entdeckungen. Wenn beispielsweise das Phänomen „Winterstarre“ durch Anschauung erfahren wird, so wird dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer nachhaltigen Lernerfahrung. Nach unserer Ansicht führt die unmittelbare Erfahrung zur Erkenntnis auf der kognitiven Ebene.
Innerhalb dieses Prozesses stellen die ErzieherInnen eine Begleitung dar, die das Erfahrene mit dem Kind reflektiert und somit die Bewusstwerdung unterstützt. Auf diese Weise setzen wir im Alltag die verschiedenen
Aspekte des Baden-Württembergischen Orientierungsplans um.

 
 

Aus den bisher genannten Kernpunkten ergibt sich, dass das pädagogische Team den Raum bietet, innerhalb dessen Kinder ermutigt werden, ihre Entdeckerfreude auszuleben. Diese Erfahrung kann nur innerhalb eines
sozialen Kontextes praktiziert werden. In der Gruppe kann erlebt werden wie etwas Neues entsteht, sich erschließt oder gestaltet wird.
Aus den unterschiedlichen Situationen des Gruppengeschehens ergeben sich unterschiedliche Rollen der ErzieherInnen. In Bezug auf die Gesamtgruppe, nimmt sich der/die Erzieher/in im Freispiel eher zurück,
steht aber in Situationen, die die Gesamtgruppe stärker fokussieren im Mittelpunkt und gibt Anregungen. Dies kann im Morgenkreis, bei spezifischen thematischen Inhalten, aber z.B. auch bei der Einführung von Werkzeugen, dem Bestimmen von Pflanzen und Tieren oder durch Bereitstellen von bestimmtem Material stattfinden. Hierbei stehen Qualitäten wie Präsenz, Führen, und Erfahrungen einbringen, im Vordergrund.
Für den Kontakt zum einzelnen Kind stellt die Beziehungsfähigkeit die wichtigste Qualität dar, um als Bezugsperson fungieren zu können. Damit die oben beschriebenen Grundvoraussetzungen für eine positive
Entwicklung geschaffen werden, ist hierfür ein feinfühliger, ermutigender Umgang erforderlich, der sich an den Bedürfnissen des Kindes orientiert.
Das pädagogische Team beobachtet und nimmt das einzelne Kind wahr. Auf dieser Basis wird die weitere Vorgehensweise geplant. Das Kind erhält – wo notwendig – Hilfestellung, um in seine persönliche Lernzone zu
gelangen und schließlich die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen (Selbstwirksamkeit und Selbständigkeit).
Weitere zentrale Kompetenzen der ErzieherInnen unseres Kindergartens sind die Liebe zur Natur, die Reflexion des eigenen pädagogischen Handelns (auch im biografischen Kontext), die Fähigkeit, Entwicklungsverläufe
objektiv wahrnehmen und dokumentieren zu können und ein hohes Maß an Teamfähigkeit.

Das Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinschaft hat in unserem Kindergarten einen besonderen Stellenwert. Wir verstehen dies gleichzeitig als ein wesentliches Grundbedürfnis des Menschen sowie als eine der wichtigsten
Kraftquellen.
Innerhalb einer Gruppe werden soziale Erfahrungen gesammelt, geübt und verinnerlicht, Freundschaften geschlossen, Anerkennung erlebt, Rollen ausprobiert und Lernen voneinander ermöglicht. Dies ist der Ort, an dem Mitgefühl, Umgang mit Konflikten und der Umgang mit der Balance zwischen der Durchsetzung eigener Bedürfnisse und Achtung der Interessen anderer eingeübt wird.
Wiederkehrende Rituale, wie zum Beispiel das gemeinsame Zählen der Kinder und Überlegen wer fehlt, unterstützen die Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls.
Durch die gewählte Tagesstruktur, bewegen sich die Kinder in unserem Kindergarten täglich über einen langen Zeitraum (vom Ankommen, beim gemeinsamen Gehen, bis zum Morgenkreis mit anschließendem Frühstück) in der Gruppe. Dabei werden verschiedenste Anforderungen an die Kinder gestellt: Es geht darum, sich auf die Gruppe einzustellen, die Balance zwischen individuellen Bedürfnissen und Zurückhaltung zu finden, die Regeln des Zusammenlebens zu erlernen und sich in der Gruppe z.B. durch das Sprechen vor allen Kindern zu zeigen.
Problemsituationen und Konflikte werden in der Gruppe auch generalisiert angesprochen z.B. was wir tun können, wenn ein Kind weint, weil es sich weh getan hat, oder wie wir mit Tieren umgehen können, ohne sie zu
verletzen. In diesem Zusammenhang machen die Kinder die Erfahrung, beteiligt zu sein und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, da wir sie als wesentlichen Teil der Lösung sehen.

Was ist Inklusion?
Wenn alle mitmachen dürfen;
wenn Unterschiedlichkeit zum Ziel führt;
wenn ‚Nebeneinander‘ zum ‚Miteinander‘ wird;
wenn Ausnahmen zur Regel werden.
Wenn anders sein normal ist, das ist Inklusion.
(Aktion Mensch)

Inklusion bedeutet für uns gemeinsam verschieden zu sein. Wir wollen jedes Kind, unabhängig von Geschlecht, ethnisch-kultureller Herkunft, sozial-ökonomischer Herkunft, Behinderungen, sowie gesundheitlichen und individuellen Merkmalen willkommen heißen.
Die Vielfalt und Unterschiedlichkeit, die Kinder und Erwachsene mitbringen, sehen wir als Bereicherung für unsere Gemeinschaft und wollen dieser mit Offenheit und Toleranz begegnen. Jedes Kind soll in seinem eigenen Entwicklungstempo das Recht auf Teilhabe und Bildung bei uns ausleben können.
Für unseren pädagogischen Alltag bedeutet dies eine vorurteilsbewusste Umgebung zu schaffen, in dem wir

  • Bücher, Lieder und Spielmaterial immer wieder daraufhin untersuchen,
    ob sie Vielfalt zeigen, eine kritische Auseinandersetzung mit Vorurteilen
    ermöglichen und so Vorurteile abbauen können.
  •  uns unsere eigenen Vorurteile bewusst machen und kritisch reflektieren.
  • Kinder und Erwachsene auf Ungerechtigkeiten und Vorurteile
    aufmerksam machen und darüber sprechen.
  • die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes wahrnehmen und sie als
    Ausgangspunkt für Teilhabe und Lernen sehen.
  • darauf achten eine genderbewusste und inklusive Sprache zu
    verwenden.

Zudem bieten wir zwei integrative Plätze für Kinder mit Behinderungen oder anderen Einschränkungen. Hier ist es erforderlich auf die jeweilige Situation abgestimmte Vereinbarungen bezüglich der Integrationsmaßnahme zu treffen. Dazu wird der Hilfebedarf zwischen pädagogischem Team, Eltern, Eingliederungshilfe oder anderen Beteiligten abgesprochen, terminiert und regelmäßig überprüft.

Eine weitere zentrale Auffassung, die unsere Alltagsstruktur prägt, lautet: Das Kind bildet sich im Spiel, d.h. es muss Raum und Zeit für freies Spiel geschaffen werden.
Freispiel bedeutet einen hohen Grad an Selbstbestimmung und Selbstorganisation (bzgl. Spielidee, Spielpartner, Spielort, Spieldauer und Spielmaterial). Im Spiel verarbeitet das Kind Erfahrungen und bildet seine Wirklichkeit nach. Soweit die Bedürfnisse anderer Kinder gewahrt bleiben, existieren keine Spieltabus (z.B. kämpfen und schießen).
Das Freispiel erfährt im Wald noch eine Steigerung: das Spiel im Wald ist wirklich frei. Die Impulse kommen von innen durch Fantasie und eigenes Vorstellungsvermögen zustande. Es besteht keinerlei Lenkung durch vorgegebenes Material und ist durch wirkliche Bewegungsfreiheit gekennzeichnet.
In wissenschaftlichen Studien konnte die besondere Rolle der Sprache im Waldkindergarten identifiziert werden. Aufgrund der Unbestimmtheit des Waldes, müssen Spielideen verstärkt kommuniziert werden, da sie nicht von vornherein offensichtlich sind, was sich wiederum direkt positiv auf soziale Aspekte auswirkt (vgl. Häfner, 2002).
Im Freispiel organisieren sich die Kinder selbst, sie handeln Regeln für das Zusammenspielen aus, sie entscheiden aktiv und erleben Selbstwirksamkeit im Spiel, im Gegensatz zu einer Konsumhaltung, in der Animation und vorgefertigte Inhalte losgelöst vom spezifischen Interesse dargeboten werden. Die Kinder erleben, selbst etwas bewegen zu können, selbst tätig zu sein und eigene Entscheidungen zu treffen.
Es ist zu beobachten, dass Ausdauer, Konzentration, Kooperation, Kreativität und Kommunikation in dieser Phase des Tagesablaufs hochgradig verstärkt werden. Die Kinder fördern im Zusammenspiel ihre persönliche und soziale Entwicklung.

Miteinander in einer Beziehung zu stehen, sehen wir als eine gemeinsame Aufgabe, bei der Eltern und ErzieherInnen für einander Ansprechpartner sind. Dies ermöglicht es beiden Seiten, ein besseres Verständnis für das Kind zu entwickeln, sich z.B. in den Sichtweisen in Bezug auf ein bestimmtes Verhalten zu ergänzen und evtl. neue Aspekte integrieren zu können. Hieraus können sich ein tieferes Verständnis für das Kind und
evtl. neue Handlungsoptionen für den Alltag (sowohl im Kindergarten als auch in der Familie) ergeben.
D.h. in Bezug auf die Begleitung des Kindes in seinem Prozess des sich Entwickelns und Wachsens, verstehen ErzieherInnen und Eltern sich als Partner.
Erst das Zusammenspiel der verschiedenen Perspektiven führt zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung des Kindes und kann Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung sein. In einem Kindergarten, der als Elterninitiative organisiert ist, können die hier genannten Grundhaltungen in besonderer Weise praktiziert werden, da sich vermehrte Kontaktpunkte ergeben und die Zusammenarbeit in der Struktur bereits fest verankert ist.

DRAUSSEN SEIN
Gemeinsam einen Weg gehen.
Mit wachen Sinnen dabei sein.
Mitzwitschern, mitfühlen, wachsen.
Stolpern und wieder aufstehen.
Mit anderen selbst etwas bewegen.
Beobachten, erfinden, gestalten.
Und manchmal am Feuer ein Lied singen.

3. Tagesablauf und Struktur

3.1 Ein Tag im Wald

Übersicht Bring- und Abholzeiten

Bringzeit

08.00 - 08.45 Uhr
Die Kinder werden begrüßt, verabschieden die Eltern und nutzen im Freispiel den Platz und das Lehmhaus.

Auf dem Weg zum Waldplatz

In den Wald gehen

09.00 Uhr
Jedes Kind geht mit einem festen Partner den ersten Teil des Weges über die Straße und kann sich dann auf dem Fußweg frei bewegen. An den verbindlichen Haltepunkten finden die ersten pädagogischen Anregungen statt; es wird gesungen, gespielt, gesprochen oder es findet ein thematischer Einstieg in den Morgenkreis statt.

Kinder und Erzieher im Morgenkreis

Im Morgenkreis

Die Gruppe versammelt sich auf Baumstämmen im Sitzkreis. Ein/e Erzieher/in leitet den Morgenkreis.

Blick auf Frühstücksdosen von oben

Frühstück

Die Kinder unterstützen sich beim Händewaschen und frühstücken anschließend das selbst mitgebrachte Essen

Spielende Kinder im Wald

Freispiel

Die Kinder bewegen sich im Wald in den festgelegten Bereichen, nehmen Angebote wahr, nutzen die mitgebrachten Werkzeuge etc.

Eingangstür zum Waldkindergarten

Rückweg

12.00 Uhr
Am letzten Haltepunkt gibt es einen kurzen Abschlusskreis. Mittels eines Farbsystems stellen sich die Kinder in Gruppen zusammen um einen Überblick zu bekommen, wer wie lange bleibt und wer am Mittagessen teilnimmt.

Übersicht Bring- und Abholzeiten

1. Abholzeit

12.45 - 13.00 Uhr

Lehmhaus beim Mittagessen ohne Kinder

Mittagessen

13.00 Uhr
Ein Caterer bringt das Mittagessen zum Platz. Die Kinder, die am Mittagessen teilnehmen, essen gemeinsam mit den ErzieherInnen

Übersicht Bring- und Abholzeiten

2. Abholzeit

13.45 - 14.00 Uhr

Eine Hollywoodschaukel

Ruhe/ Schlafzeit

ab 13.45 Uhr
Die Kinder haben die Möglichkeit, im Bauwagen zu schlafen oder ein ruhiges Angebot wie z.B. Vorlesen wahrzunehmen.

Eine kleine Hütte auf dem Kindergartenplatz mit spielenden Kindern und Strichgrafiken im Vordergrund

Im Freispiel/ Angebote

Nach Beendigung der Ruhezeit spielen die Kinder auf dem Platz, im Lehmhaus oder im Bauwagen. Es finden individuell weitere Angebote durch die ErzieherInnen statt.

Übersicht Bring- und Abholzeiten

3. Abholzeit

15.00 - 16.30 Uhr

m Wald erleben die Kinder den wiederkehrenden Wechsel der Jahreszeiten. Neben dem Rhythmus, in dem sich die Natur den Kindern zeigt, fügen sich auch die Feste des Jahreskreises in den Alltag des Kindergartens ein. Weltanschaulich neutral, orientieren wir uns an den christlichen, unsere Kultur prägenden Festen: Fastnacht, Ostern, Sommerfest, Erntedank, Laternenfest und die Waldweihnacht.

Vor dem eigentlichen Beginn der Kindergartenzeit wird das Kind zusammen mit einem Elternteil zu einem Schnuppertermin eingeladen. Dieser dient dazu, den Tagesablauf, die örtlichen Gegebenheiten und sich gegenseitig kennenzulernen. Alle Beteiligten erhalten somit einen Eindruck, ob der Besuch des Waldkindergartens infrage kommt.
Die Eingewöhnungszeit, in der das Kind anfänglich von einem Elternteil begleitet wird, dient zum gegenseitigen Beziehungsaufbau. Dabei
stehen die Bedürfnisse des Kindes stets im Vordergrund, sie bilden den Orientierungspunkt für das Tempo der Eingewöhnungszeit. Sowohl Eltern als ErzieherInnen nehmen sensibel die Signale des Kindes wahr, tauschen sich gegenseitig aus und finden so zu einer gemeinsam getragenen Vorgehensweise.
In den ersten Tagen wird das Kind von einem Elternteil begleitet. Die/Der BezugserzieherIn bemüht sich in dieser Zeit, eine tragfähige Beziehung aufzubauen, die dem Kind Sicherheit bietet. Eine gute Beziehung zwischen Kind und ErzieherIn verstehen wir als Voraussetzung für eine gelingende Teilnahme des neuen Kindes am Gruppengeschehen. Darüber hinaus bildet sie für das Kind die Basis, um Entwicklungsherausforderungen im Kindergarten mutig begegnen zu können.

Mit dem letzten Jahr vor Schuleintritt beginnt für die Kinder die Vorschulzeit. Unser Ziel ist es, dass die Kinder den Übergang in die Schule
mit Neugier, Interesse und Vertrauen in ihre individuellen Kompetenzen meistern können.
In der wöchentlich stattfindenden Lernwerkstatt finden die Kinder Angebote zur Förderung der Vorläuferfähigkeiten im kognitiven,
sozialen, emotionalen, motivationalen, motorischen, mathematischen und sprachlichen Bereich. Bei der Planung dieser Angebote werden die Interessen der Kinder mit einbezogen.
In Bezug auf das Entdecken und Erkunden der Natur steht für diese Altersgruppe nun auch zunehmend das Wissen über den Wald und
die Zusammenhänge in der Natur im Vordergrund. Dabei werden die Kinder dazu angeregt, über ihre Beobachtungen zu sprechen
und den Antworten ihrer Fragen auch selbst auf den Grund zu gehen. Zum Beispiel durch den Umgang mit Bestimmungsbüchern
um herauszufinden welche Pilze auf unserem Waldplatz wachsen. 

Die Durchführung dieser Angebote bietet den ErzieherInnen auch die Möglichkeit zu beobachten, wie das einzelne zukünftige Schulkind mit
Aufgabenstellungen umgeht, z.B. wie es diese versteht und mit welcher Motivation und Konzentration es diese bearbeitet.

Durch die Kooperation mit den Grundschulen Eichengartenschule und Riedschule, stehen wir im Austausch mit LehrerInnen und
können so aufkommende Fragen zur Schulfähigkeit klären. Den Kindern bietet die Kooperation ein erstes Kennenlernen
des Schulalltags in ihrer gewohnten Gemeinschaft.
Durch Rückmeldungen unserer Beobachtungen aus der Lernwerksatt und der Kooperation, an die Eltern,können auch hier aufkommende Fragen zur Schulfähigkeit und zur Gestaltung des Übergangs geklärt werden. 

Gegen Ende des letzten Jahres, rückt der Abschied vom Kindergarten immer mehr in den Fokus. Um die Kinder bei ihrem Abschied zu begleiten, bieten wir besondere Aktionen. Dazu gehört das Schultütenbasteln für Eltern und Schulkinder, eine Übernachtung im Kindergarten und ein Abschiedsritual an dem alle Kinder und Eltern teilnehmen können.
An der Planung dieser Aktionen nehmen die Kinder aktiv teil.

Der „Integrative Waldkindergarten Wind- und Wetterknirpse Karlsruhe e.V.“ ist eine im Jahr 2002 gegründete Elterninitiative, die Trägerin des
Kindergartens ist. In Jeder Hinsicht sind die Rahmenbedingungen und der Alltag dadurch geprägt. Durch den Eintritt des Kindes werden die Eltern Mitglied im Verein.
In der täglichen Arbeit im Kindergarten liegen wichtige Schwerpunkte auf der Kommunikation, der Zusammenarbeit aller Beteiligten, der familiären Atmosphäre und der gemeinsamen Verantwortlichkeit.
Die Mitgliederversammlung wählt einen Vorstand, der die administrative Vertretung des Vereins übernimmt. Neben dem Vorstandsgremium
bildet sich das Leitungsteam aus je einer Vertretung des pädagogischen Teams, des Vorstandes und der Elternvertretung. Dieses Organ ist für die inhaltliche Leitung und Organisation des Kindergartens zuständig.
Wir sind bemüht, diese demokratische Struktur mit größt möglicher Umsicht zu leben und zu gestalten. Die jeweiligen Akteure bringen in
die genannten Ämter ihre eigenen Talente zum Gelingen eines positiven Miteinanders für Kinder, Eltern und ErzieherInnen ein.

Zur Vorbereitung auf den Kindergarten können Familien das Angebot der Waldspielgruppe wahrnehmen. Kinder vom 1. bis zum Ende des 3.
Lebensjahres und ihre Eltern treffen sich im Oberwald in der Nähe unseres Kindergartens, um bei Wind und Wetter draußen zu sein, gemeinsam im Wald zu spielen und sich auszutauschen.
Die Teilnahme an der Waldspielgruppe garantiert keinen Kindergartenplatz, sondern dient lediglich dazu einen Einblick in den Kindergartenalltag zu bekommen.

Als Verein wollen wir dafür Sorge tragen, dass die Bildung zur Nachhaltigkeit auch auf institutioneller Ebene verankert ist.
Bei Sanierungsarbeiten, Neubauten oder Umbau wollen wir natürliche und ungiftige Baustoffe verwenden. Z.B. sollte Holz aus ökologischer
Forstwirtschaft stammen.Wir bemühen uns im Kindergartenalltag schonend mit Ressourcen umzugehen und bewirtschaften den Kindergarten-Garten ökologisch.
Das Frühstück sollte eine möglichst vollwertige und gesunde Mahlzeit darstellen, auf Einwegverpackungen wird verzichtet.
Auch bei Festen und anderen Veranstaltungen bemühen wir uns, achtsam mit Ressourcen umzugehen und ökologische, wie soziale Aspekte bei der Auswahl von Materialien und Produkten zu berücksichtigen

Wir verstehen die Weiterführung der Qualitätsentwicklung als einen kontinuierlichen Prozess. In erster Linie stellt die Anpassung der
vorliegenden Konzeption einen wichtigen Schritt innerhalb dessen dar.
Anhand der dargestellten Kernelemente haben wir in Anlehnung an die Vorschläge der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesverbände
der Wald- und Naturkindergärten in Deutschland (vgl. Miklitz et al.,2015) verschiedene Merkmale als wesentlich für unsere Einrichtung
identifiziert. Diese betreffen das Gelände und die Räumlichkeiten. Darin ist z.B. festgelegt, dass die Gruppe den Tag in der Regel im möglichst naturbelassenen Naturraum (Wald) verbringt. In Bezug auf Ökologie und Nachhaltigkeit werden ein umweltbewusster, wertschätzender Umgang und Bildungsinhalte zu Natur und Umwelt vermittelt. Das pädagogisches
Team dokumentiert die pädagogische Arbeit und informiert die Eltern darüber fortlaufend. Regelmäßige Teamsitzungen und Supervision stellen einen weiteren Aspekt der Qualitätssicherung dar.
Als Merkmal unserer pädagogischen Prozessqualität werden Bildungsprozesse dokumentiert, Beobachtungen reflektiert und in
jährliche Entwicklungsgespräche mit den Eltern eingebracht. Durch vierteljährliche pädagogische Elternabende erhalten die Eltern Einblick in die Grundprinzipien der pädagogischen Vorgehensweisen.
Diese und weitere Qualitätsmerkmale unserer Einrichtung finden sich in einer Dokumentenmappe zur Qualitätsentwicklung im Kindergarten.
Die Qualitätsentwicklung wird vom Leitungsteam koordiniert und der Mitgliederversammlung zum Beschluss vorgestellt. Neben der jeweils
aktuellen Fassung findet sich in der Mappe die schriftliche Darstellung zum Beschwerde- und Beteiligungsverfahren. In regelmäßigen Abständen werden diese Instrumente weiterentwickelt.

Bis zum heutigen Tag haben schon zahlreiche Generationen von Kindern diesen Ort als ihren Kindergarten erleben können; einen Ort, an dem man draußen ist, mit der Natur verbunden, wo man seine Kräfte spürt… und manchmal am Feuer kocht.
Es ist ein großes Glück, dass einstmals Eltern, geleitet durch eine Überzeugung, den Grundstein dafür gelegt haben. Wir alle, die wir
eine Zeit mit unseren Kindern darin verbringen konnten, wissen welche Anstrengung es bedeuten kann, eine Elterninitiative in guten Händen zu bewahren und mitzugestalten. Umso mehr gilt denen der Dank, die ihren Geist, ihre Kraft und ihre Zeit in die Gründung und den Aufbau investiert haben.
Mit jedem Kind, das diesen Kindergarten verlässt, hat eine Familie mehr eine sicher unvergessene Kindergartenzeit in einer wunderbaren
Gemeinschaft in der Natur verbracht.
Auf den damaligen Grundgedanken fußt die Pädagogik, die durch das pädagogische Team gelebt und stetig weiterentwickelt wird. Die
vorliegende Konzeption ist das Zeugnis dieses lebendigen Prozesses, der durch die GründerInnen angestoßen wurde

Kurz und Knapp